Der ein oder andere, der unser Projekt “Aufnahmepatenschaft” verfolgt, wird sich sicherlich schon gefragt haben – “was ist eigentlich aus dem Nackthund Jurek geworden?” Heute will ich ihn endlich einmal hier vorstellen, denn in den letzten Monaten habe ich mich ehrlich nicht getraut, über Jurek zu berichten oder Fotos von ihm zu veröffentlichen.

Aber lesen und sehen sie selbst warum.

Jurek kam Mitte Dezember über befreundete Tierschützer als Notfellchen aus einem polnischen Tierheim zu uns. Dort hatte der kleine Mann bereits seit Monaten in einem Außenzwinger nur mit Hundehütte bei Eiseskälte gelebt – obwohl er komplett haarlos war. Den Samstag-Nachmittag als Jurek bei uns eintraf, vergessen ich und meine Pfleger sicherlich nicht so schnell.

Jurek_20131214-1 Unser Juri-Männlein Jurek_20131214-2 Unser Juri-Männlein Jurek_20131214-3 Unser Juri-Männlein Jurek_20131222-1 Unser Juri-Männlein

 

 

In der Transportbox lag ein mitleiderregendes Wesen – man hätte nicht vermutet, dass dies ein Hund ist – komplett überzogen mit einer weißlich, gelblichen Kruste, haarlos, zitternd, mit verklebten Kulleraugen und einem walnussgroßen Tumor am Hals, der aussah, als würde er jeden Moment platzen. Ganz ehrlich – niemand traute sich Jurek so mit bloßen Händen anzufassen – und das war auch gut so – wie wir wenige Stunden später beim Tierarzt erfahren würden. Natürlich rief ich sofort unsere Tierärztin an, der wie schon so häufig wirkliche ein großes Lob auszusprechen ist, dass sie sich trotz wohl verdientem Wochenende und ohne Notdienst, sofort bereit erklärte Jurek in der Praxis gründlich zu untersuchen. Mit Gummihandschuhen und Kittel geschützt, wurde der Winzling begutachtet, Hautproben genommen und eine erste Diagnose gestellt – Verdacht: hochansteckender Hautpilz (für Mensch und Tier!). Leider bestätigte sich dieser Verdacht wenige Tage später durch das Labor.
Jurek_20131229 Unser Juri-Männlein Jurek_20131229-1 Unser Juri-Männlein Jurek_20140130 Unser Juri-Männlein Jurek_20140130-1 Unser Juri-Männlein

Nun hieß es für Jurek – absolute Quarantäne. Niemand darf ihn ohne Schutzanzug und Handschuhe anfassen, denn der Hautpilz ist auch für den Menschen ansteckend. Alles was mit Jurek in Berührung gekommen ist, muss speziell desinfiziert werden. Zum Glück haben wir letzten Sommer ein “Ozongerät” gekauft, was Sporen von Pilzen innerhalb weniger Stunden abtötet (war wohl weise Voraussicht).  Ab sofort wurde Jurek täglich gewaschen und geölt, immer abwechselnd mit einem speziellen Hautshampoo und einer Lotion gehen Pilz, zusätzlich gab es Anti-Pilz-Medikamente, Antibiotika (gegen die Bakterien, die seine kranke Haut zusätzlich befallen hatten), Vitamine, Lachsöl und Bierhefe (damit das Fell wächst). Zusätzlich noch super teure Impfungen gegen Haut-Pilz. Ein riesen Aufwand für den gerade mal 3 kg Winzling von Hund. Aber mit großem Erfolg.

Schon nach wenigen Wochen zeigte sich ein erster Flaum auf Jureks geschundenen Körper. Wir konnten quasi zusehen, wie das Fell wuchs und die Haut anfing zu heilen.

Heute müssen wir Jurek zwar immer noch dreimal in der Woche waschen, doch inzwischen mussten wir sogar das Fell schon wieder kürzen, damit Jurek nach dem Waschen besser und schneller trocknet. Leider wird die vollständige Heilung unseres Juri-Männleins sehr lange dauern, denn dieser Hautpilz ist wahnsinnig hartnäckig – besonders weil Jurek ihn vermutlich schon sehr, sehr lange Zeit mit sich trug.

Aber unser Juri-Männlein genießt den “rund-um-Service” im Tierheim in vollen Zügen. Der Herr schläft schön warm unterm Rotlicht (trotz des eigenen Pelzes inzwischen), täglich früh um 7.30 Uhr fordert er lautstark sein Frühstück ein, was er natürlich prompt serviert bekommt, weil niemand sein wirklich durchdringendes Betteln aushält. Zwischendurch gibt’s immer wieder feine, weiche Leckerli, denn Juri-Mann hat ja nur noch 3 Zähnchen im Mäulchen. Inzwischen müssen wir ein bisschen auf seine Figur achten. Die Badeprozedur lässt er mit einer unglaublichen Geduld über sich ergehen. Er ist einfach so unendlich lieb. Jurek wird von vorne bis hinten betüddelt, wie es sich für so einen kleinen Mann gehört.

Doch was uns sehr traurig stimmt, ist Jureks panische Angst im Freien. Er traut sich kaum ein Schritt zu laufen, alles macht ihm Angst. Wir vermuten, dass Jurek niemals draußen war. Gassigehen ist für ihn ein völliges Fremdwort. Bestimmt war der Yorkshire Terrier ein Zuchthund in einer Massenanlage, die es in Polen leider noch zu Hauf gibt und wo billig unter schrecklichsten Bedingungen Rassehunde produziert werden, die dann auf polnischen Märkten und sicherlich auch bei deutschen Hundehändlern verscherbelt werden. Vermutlich aufgrund seines massiven Hautleidens und weil er alt ist, wurde Jurek entsorgt. Eigentlich ein riesen Glück für ihn.

Wir hoffen so sehr, dass wir Jurek wieder richtig gesund bekommen. Doch dies wird noch lange dauern und viel Geld kosten, auch wenn Jurek selbst nicht so viel Futter braucht. Aber dieser Hundewinzling mit seinem unglaublichen Charme zeigt uns jeden Tag aufs Neue, wofür wir unsere Arbeit tun – Jurek ist einfach ein unendlich liebenswertes Hunde-Unikat.

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Dr. Annett Stange