Lesergeschichte von Romina Müller – Katze kurz vor dem Hungertod
Meine Katze Sylvanas kam in die Küche geeilt. Es war sieben Uhr morgens und noch verschlafen brühte ich mir einen Kaffee auf. Ich murmelte: „Morgen, Katze” und war froh, so eine zu haben und keinen Kater vom gestrigen Abend, wenn ihr wisst was ich meine … uhm vergesst es, weiter im Text. Die Katze nahm mich gar nicht zur Kenntnis. Ihren Fressnapf fand sie viel interessanter. Sie steckte ihren Kopf in die gefüllte Schüssel und zog ihn im Eiltempo wieder heraus. Vorwurfsvoll blickte sie mich an. Die Augen drehte sie zum Himmel, so, als stände sie gerade kurz vorm Herzinfarkt.
Was stört mich mein Geschmack von gestern
„Hör mal zu, Katze”, brummte ich, während die Kaffeemaschine leise zischte, „bis gestern war Kalbsragout in Tomatensoße aus der Dose noch dein Lieblingsfressen. Also friss”. „Miau”, antwortete die Katze. Was bis gestern galt, war für sie völlig uninteressant. Wie konnte ihr Mensch nur so herzlos sein, ihr dieses Mahl hin zu stellen? Um die schlechte Meinung, die sie nun von mir hatte, noch einmal zu bekräftigen, maunzte sie gleich noch ein zweites Mal. „Das mir mein Mensch nur so etwas antun kann”, hieß das. Das konnte ich dem Tonfall eindeutig entnehmen.
Diätenerhöhung in Berlin
Der Mensch konnte. Ohne jeden Skrupel deckte ich meinen Frühstückstisch, schlug meine Zeitung auf und begann zu lesen. Laut. Um die Katze zu verwirren. „Regierungskrise” las ich. Die Katze wälzte sich ächzend auf den Boden. „Nacktmodell Chris will heiraten”. Die Katze blickte nicht einmal auf. Aber gut, sie war sterilisiert. „Diätenerhöhung in Berlin.” Interessierte sie nicht. Sie war selber auf Diät. Die Katze überlegte angestrengt. Zumindest machte es den Anschein. Vermutlich hatte sie eingesehen, dass sie auf der Schmoll-Tour nix erreichen konnte. Also begann sie, meine Beine zu beschmusen und biss in meinen kleinen Zeh.
Ein Stoßzeufzer der Katzen-Dosenöffner
„Du bekommst nix anderes”, zischte ich von oben herab. „Schließlich will ich mir nicht nachsagen lassen, dass ich dich falsch erziehe. Du musst lernen zu essen, was in dem Napf kommt, basta.” „Mau”, machte die Katze. Sie hatte kein Wort verstanden. Ich seufzte, lang und anhaltend. „Wie soll mir mein Frühstück schmecken, wenn du mich die ganze Zeit ärgerst? Ich habe heute Vormittag frei und möchte einen erholsamen Tag verbringen. Also lass mich bitte in Ruhe.”
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Angewidertes Schütteln
Die Katze dachte überhaupt nicht daran. Auch als ich mein Frühstücksgeschirr weg räumte, wich sie mir nicht von meiner Seite. Sie verfolgte jeden meiner Schritte aufmerksam, als hätte ich irgendwo einen Futternapf in Reserve, den ich bislang gemeinerweise nur nicht herausgerückt hatte. Nachdem die Hausarbeit erledigt war, setzte ich mich in meinem Fernsehsessel, um mich ein wenig zu entspannen. Die Katze sprang auf meinem Schoss. „Hunger” sagte ihr Blick. „Erziehung” sagte ich. Schließlich packte ich die Katze und trug sie zu ihren Futternapf. Ich nahm etwas ihrer Mahlzeit auf meinem Finger und stubste ihn diesen auf die Nase. „Das isst du jetzt.”
Das esse ich nicht – zumindest heute nicht
Sylvanas schüttelte sich angewidert. „Das esse ich nicht!” Und da ihre Nase mit dem derart verschmähten Kalbsragout in Berührung gekommen war, begann sie , sie ausgiebig am Teppich abzuputzen. An meinem Teppich. „Andere Katzen putzen sich die Nase mit der Zunge”, protestierte ich. Aber was soll man einer Katze sagen? Ich setzte mich zurück in meinem Sessel. Die Katze rannte schnell wie ein Blitz hinter mir her. Wahrscheinlich wünschte sie sich, ich würde mich in eine Maus verwandeln. Oder in ein kleines Kaninchen. Irgendetwas, das man essen konnte. Die Katze sprang auf meinen Schoss und nahm mich scharf ins Auge.
Auge in Auge – Erziehung muss sein
So saßen wir uns gegenüber. Auge in Auge. „Du bekommst nix”, zischte ich. „Doch”, miaute sie. Es war ein harter Kampf. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Schließlich ließ sich die Katze auf den Rücken fallen und begann zu schnurren. „Miau” machte sie und ließ sich den Bauch streicheln. Dann hielt sie ihren Kopf hin und bedeutete, dass nun die Ohren an der Reihe seien. Sylvanas war hinreissend. Sylvanas war entzückend. Sylvanas war steinerweichend. Sylvanas ist ein Biest.
„Du hast gewonnen”, gab ich schließlich seufzend auf. Wir standen auf und gingen in die Küche, wo wir gemeinsam eine neue Dose Katzenfutter öffneten, die sie dann fraß. Triumph blitzte in ihren Augen, während ihr Kopf zufrieden im Fressnapf verschwand.
Dennoch. Katzen sind leicht zu erziehen! Und von Taktik haben sie überhaupt keine Ahnung …
Eure Romina Müller
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