20 Jahre Tierschutzliga-Dorf
Aus einem Traum wurde Wirklichkeit.
Vor 20 Jahren träumten wir Tierschützer von der Tierschutzliga von einem Tierheim, was anders sein sollte als ein normales Tierheim. Es sollte eine Herberge für Tiere werden, die niemand mehr will. Ein Heim für Tiere, wo sie bleiben können – notfalls auch bis zum Lebensende. Es sollten keine kleinen Käfige oder engen Zwinger dort stehen, sondern alle Tiere in großen Freigehegen mit warmen Häusern zum Schlafen, am besten in Gruppen gehalten und mit viel Zuwendung durch uns Zweibeiner leben.
Als im Februar 1996 der Kaufvertrag für ein riesiges ehemaliges Armeegelände ganz in der Nähe der Talsperre in Spremberg unterschrieben werden konnte, war die Freude groß. 110.000qm Grundstück mit vielen Gebäuden mitten im Wald konnte so erworben werden. Der Umbau zum Tierschutzliga-Dorf begann. Aufgrund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten, gelang es zum Anfang nur jedes Tierhaus einzeln anzupacken und auszubauen. Fast alles wurde in Eigenleistung gemacht, aus einfachsten Baumaterialen Gehege gebaut und Zimmer hergerichtet. Aufgrund des fortschreitenden Tagebau in der Region und dem damit verbundenen massiven aufkommen von Katzen, die von ihren Besitzern bei der Umsiedlung zurück gelassen wurden, kamen wir Tierschützer schnell an Kapazitätsgrenzen. Immer wieder wurden Zimmer und Gehege gebaut. Auch für Hunde mussten schnell Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden, denn von ganz Deutschland kamen Anfragen für die Aufnahme von Hunden, für die es anderswo keinen Platz mehr gab. Ich weiß noch selbst, wie ich damals auf die Tierschutzliga aufmerksam wurde.
Ehrenamtlich half ich in einem großen städtischen Tierheim, führte dort Hunde aus und hatte natürlich auch meine Lieblingstierheimhunde. Eines Tages erfuhr ich, dass zwei meiner Lieblinge eingeschläfert werden sollen – weil sie bereits zu lange im Tierheim lebten und sozusagen „nicht vermittelbar“ waren. Für mich damals ein Schock, denn nie im Leben hätte ich daran geglaubt, dass man Tiere im Tierheim einschläfert, nur weil sie niemand haben möchte. Nach vielen Telefonaten durch ganz Deutschland bekam ich die Telefonnummer der damaligen Tierheimleiterin des Tierschutzliga-Dorf Frau Schacht in die Hand. Und Frau Schacht sagte mir sofort die Aufnahme meiner beiden Lieblingshunde Nancy und Romeo zu. Dass Romeo taub und Nancy nicht ganz
einfach im Character war, interessierte Frau Schacht nicht. Sie meinte nur – hier wird niemand getötet, nur weil er schwierig, schwer vermittelbar oder gehandicapt ist. Nancy und Romeo zogen ins Tierschutzliga-Dorf und fanden nach einiger Zeit noch ihre eigenen Familien, wo sie ihren Lebensabend verbrachten. Bis heute hat sich das Tierschutzliga-Dorf weiter entwickelt. Zwei Tierhäuser stehen inzwischen für Katzen zur Verfügung, ein Haus sogar speziell nur für Katzenkinder. Ständig können hier bis zu 300 Katzen untergebracht werden. Für die Hunde sind zwei Häuser ausgebaut worden, wo immer etwa 100 Hunde, größtenteils in Gruppenhaltung, untergebracht sind. Es gibt große Hundeausläufe und eine fast 2000 qm große Hundewiese und einen Übungsplatz zum Rennen, Toben und Lernen. Für die Herdenschutzhunde, welche wir aus schlimmster Haltung vor einigen Jahren befreien konnten, haben wir 300qm Waldausläufe gebaut, wo sie sich immer frei bewegen können. Aber auch unsere Kleintierabteilung wurde mit der Zeit immer größer, so dass es im vergangenen Jahr problemlos möglich war, über 50 Meerschweinchen gleichzeitig artgerecht unterzubringen. Mit Hilfe von Fördermitteln des Landes Brandenburg und der EU konnten wir ein Gebäude zum Schulungs- und Beherbergungszentrum umbauen. Dort können sich nun Tierfreunde, Tierschützer und Tierpfleger in Sachen Tierschutz und artgerechter Tierhaltung weiterbilden und wir unseren Tierschutzgedanken auch an die jüngere Generation weitergeben. Aber natürlich ist es auch so, dass mit den Jahren der Nutzung der Zahn der Zeit an unseren (damals zum größten Teil aus sehr einfachen und nicht gut haltbaren Materialen gebauten) Tiergehegen und Unterkünften nagt. Die Hundegehege rosten, die Katzenausläufe mit ihren Holzsäulen faulen weg, die Heizungsanlagen in 2 Tierhäusern sind inzwischen so uralt, dass es keine Ersatzteile mehr gibt. Nur nach und nach können wir die Gehege sanieren, dieses Jahr endlich auch wieder einige Hundeausläufe, neue Dächer wurden gemacht, die Hauptstromverteilung und viele Stromleitungen in den Häusern, eine Biokläranlage, Wasserzu- und Ableitungen, Brunnenpumpen… Das riesige Tierschutzliga-Dorf verlangt uns einiges ab. Es gibt einfach immer etwas zu tun, damit das Dorf weiterhin erhalten und immer schöner und besser für seine darin lebenden Tiere wird.
In den 20 Jahren Tierschutzliga-Dorf haben über 5800 Katzen, fast 3400 Hunde und 400 Kleintiere hier ein Zuhause auf Zeit und manche auch ein Heim für immer gefunden.
Ihre Annett Stange