Bianca: Angsthündin aus Beschlagnahmung wegen nicht Art gerechter Haltung, nicht auf den Menschen geprägt, nicht sozialisiert
Liebes Team des Tierschutzliga-Dorfes,
nun ist es zwei Monate her, seit Bianca zu uns kam und es fühlt sich an, als wäre es nie anders gewesen.
Wir denken oft an das sonderbare Hin und Her, das Bianca letztlich zu uns brachte:
Wir hatten gerade unseren heißgeliebten Pflegehund verloren und waren nun auf der Suche, aber nicht wieder nach einem Pflegling, sondern nach unserem Hund.
Und wozu warten: Nichts hätte unseren Bubis zurück bringen können, die Tierheime sind ständig überfüllt und wir hatten ein verwaistes Plätzchen.
So entdeckten wir im Internet eine wunderschöne, allerdings auch problematische Berner Sennenhündin. Mit ihren Besonderheiten würde sie sich nahtlos in die Reihe unserer bisherigen „Problemkinder“ einordnen und schon starteten wir eines Samstags in Richtung Spremberg, um Bianca kennenzulernen.
Nach diesem ersten Spaziergang mit ihr im Sommer vergangenen Jahres wusste und sagte ich es: Bianca ist meine Hündin!
Die an diesem Tag für die Hunde zuständige Mitarbeiterin schaute mich sehr merkwürdig an und das nachfolgende Gespräch mit Frau Dr. Stange hinterließ in uns das unschöne Gefühl, dass wir Bianca wohl nicht bekommen würden. Egal, am nächsten Tag setzten wir uns wieder ins Auto, fuhren gut 180 km, um mit „meiner Hündin“ spazieren zu gehen und kamen während dieser langen Wanderung irgendwie zu der Vernunfts- nicht Bauchentscheidung, die Widerstände gegen eine Vermittlung an uns – es fehlte leider der gewünschte Ersthund im Haushalt – zu akzeptieren. Punkt. Aus. So soll es sein! Ganz schöne Macken hat Bianca ja wirklich und warum sollten wir uns nach über dreißig Jahren mit – immer mehreren – Vierbeinern nicht einmal einen „Normalo-Hund“ gönnen!
Und ich brachte Bianca zurück in ihre Box, ging zur Haustür, ging noch einmal zurück zur Box, sah hinein … und Bianca sah mich an – zum ersten Mal, der allerleiseste Hauch einer vielleicht nur eingebildeten Kontaktaufnahme. Vorbei war’s mit der Vernunft. Wir wollten keinen Normalo, wir wollten sie und nur sie.
Aber wie das Schicksal so spielt … Völlig unerwartet verstarb zwei Tage später mein Schwiegervater und es war keine Frage, wir nahmen unsere schwerstpflegebedürftige Mutti auf – ein echter Full-Time-Job, aber lehrreich und erfüllend, wie kaum sonst etwas. Nun trafen wir doch eine Entscheidung gegen Bianca. Schweren Herzens riefen wir im Tierheim an und sagten ab.
Ganz ohne vierbeiniges Kuschelmonster wollten wir dennoch nicht bleiben und so suchten und fanden wir schließlich Manni, ein Berner, der damals ein halbes Jahr alt war und nicht bei seiner Familie bleiben konnte. Manni ist ein echter Traumtyp, ein Dauer-Schwanzwedler. Er liebt seinen Tierarzt mit jeder Spritze mehr, ist nur fröhlich und findet jeden Moment seines Lebens und alle Menschen und Tiere toll. Ein völlig entspannter und glücklicher Junghund, der nur genießt und Freude macht.
Gleichwohl, Bianca ging weder meinem Mann noch mir aus dem Kopf.
Heimlich schauten wir unabhängig voneinander immer wieder auf der Internetseite der Tierschutzliga nach, ob sie schon ein Zuhause gefunden hatte, erzählten uns das aber erst, als auch unsere Mutti uns kurz vor Weihnachten verließ. Von da bis zum Anruf bei Frau Dr. Stange dauerte es nur Sekunden und so fuhren wir Ende Dezember wieder zu Bianca. Natürlich mit unserem Manni, und es lief richtig gut mit den beiden Bärlis!
Und nun ist sie bei uns – meine, unsere Bianca. Manni ist seither völlig aus dem Häuschen, total verknallt in die Hübsche, der Kater findet sie ganz in Ordnung, Bianca ihn auch und wir kommen nicht aus dem Staunen heraus, wie schnell sie sich eingelebt hat und wie sie jeden Tag ein winziges Stückchen mehr „Normalo-Hund“ wird.
Wir fordern sie ganz schön und sie macht alles mit, Autofahrten, Gartenarbeit, Nachbarn besuchen, Enkelkinder aushalten, Tierarzt kennenlernen … Staubsauger und sonstige Haushalts-, Heimwerker- und Gartenkrachmacher sind ihr völlig egal. Sie zeigt sogar gelegentlich diese Berner-typische Sturheit – wenn sie liegt, liegt sie und wer vorbei will, soll drüber oder einen Bogen machen – Aufstehen und Wegrennen ist nur noch selten eine Option bei der unserer Dramaqueen.
Sie genießt das Haus (Lieblingsraum: Küche!), benimmt sich da völlig souverän, hat unseren Tagesablauf total übernommen und fordert ihn sogar ein – wiederholtes Anstubsen für „Zeit zum Gassigehen“.
Zurzeit erkundet Bianca intensiv den Garten, fängt an zu spielen und ihr Grundstück zu bewachen. Manchmal erschrickt sie dabei vor der eigenen Courage – dann kommt der „Frauchen-darf-ich-das-eigentlich-Blick“ und wenn Frauchen nicht protestiert, geht’s lautstark weiter. Nur gut, dass wir den Garten in diesem Jahr ohnehin umgestalten wollten – nun werden wir ihn Berner-tauglich herrichten. Die beiden rasenden Buddelflinks haben vorausschauend schon mal angefangen, Büsche zu stutzen (die Johannisbeersträucher sind auf eine Höhe von ca. 30 cm abgekaut), umzugraben und diverse Pflanzen zu versetzen. Unsere Bärlis sind also im Doppelpack nicht nur wunderschön anzusehen und viel glücklicher als ein Einzelhund, sondern auch ein ganz tolles Team.
Natürlich gibt es Rückschläge, damit müssen wir umgehen, aber Manni ist ja da. Er ist bei all den neuen Dingen, die auf Bianca regelrecht niederprasseln, ihr persönlicher Coach. Bibi orientiert sich sehr stark an ihm und kopiert ihn einfach in vielen Dingen. Sie hätte sich sicherlich auch ohne ihn zurechtgefunden, aber nicht so schnell und sie hätte viel länger ihre fürchterlichen Panikattacken gehabt.
Zu unserer großen Freude und völlig wider Erwarten ist Bianca doch sehr Menschen bezogen. Sie ist immer in unserer Nähe, holt sich Leckerchen ab und zunehmend Streicheleinheiten, die sie sichtlich genießt. Sie schläft bei uns im Schlafzimmer, will mit ins Bad und und und. Sie rennt zur Tür, wenn sie Herrchens Auto hört und begrüßt „unser aller Alphatier“. Da sehen wir dann auch das leider noch sehr seltene Schwanzwedeln.
Sie sind einfach unbeschreiblich, unseren beiden Spaßmacher!
Fazit: Manni geht es mit Bianca besser, Bianca geht es insgesamt besser und wir sind doppelt glücklich mit Manni und Bianca! Wünschen Sie uns, dass es so bleibt!
Und im Sommer kommen wir Sie besuchen – versprochen!
Und für die, die es uns nachmachen wollen: Zwei Berner sind bei allem Schönen auch eine Herausforderung. Wir brauchen sehr viel Zeit für die Fellpflege und natürlich auch für die Hausreinigung. Ihre Haltung ist recht kostenintensiv: Futter, Steuern, Geschirre, Leinen, Tierarzt usw. schlagen im Durchschnitt mit über 200 € im Monat zu Buche. Die beiden Großen benötigen eine Menge Platz und nicht zuletzt sollten sie immer dabei sein können. Auch im Urlaub!
Nun wünschen wir dem Team des Tierschutzligadorfes weiterhin viel Kraft und Erfolg und immer ein glückliches Händchen bei der Vermittlung!
Aus einem Haus mit fröhlichen Hunden und einem gelassenen Kater, mit immer besabberten Fensterscheiben, total sandigem Fußboden und mit einer Menge an Hundehaaren, aus der man Teppiche weben könnte – juhu, die Bärlis sind im Fellwechsel – senden Ihnen die herzlichsten Grüße
Eva-Maria & Dietmar Mahnke
Und nun noch etwas, das wir erst gar nicht schreiben wollten:
Vorgestern beim Spaziergang hat sich Biancas Geschirr geöffnet – wie auch immer, vielleicht hat Manni den Verschluss geknackt, er knaupelt ja ständig an Bibi herum, vielleicht hatten wir es nicht richtig geschlossen, jedenfalls ließ sich Bianca das Teil draußen nicht wieder anlegen. Das passiert uns ganz sicher nicht noch einmal, das wird jetzt trainiert, bis zur Perfektion – einschließlich PLATZ und BLEIB!
ABER: Auch ohne Leine ging Bibi brav die ca. 2 km mit nach Hause, lief manchmal bei Fuß, mal ein wenig vor, aber immer in Richtung Heimat – sie kennt sich ja inzwischen hier wunderbar aus – und dann schnurstracks ins Haus und auf ihren Platz, als sei nichts gewesen. Tolles Mädchen! Uns zitterten die Knie, aber wir waren sooo stolz auf sie und so glücklich, weil sie uns mit nichts besser hätte zeigen können, dass sie ein Zuhause gefunden hat.