Ein kleiner Großer hat die Bühne verlassen
Am elften November war der Tag gekommen, vor dem es uns immer gegraut hat – wir mussten unseren Oskar gehen lassen. Fast jeder, der unser Tierheim kennt, kannte auch ihn:
Diesen kleinen terriersturköpfigen Oskar, der scheinbar immer mit erhobener Mittelkralle durch die Welt gelaufen ist. Unser kleiner Grantel, der Finger sehr gern hatte. Zum Reinbeißen. Oskar, der länger als jeder von uns hier in Bückeburg war.
Außer seiner Gassigängerin Bärbel, die sich dem kleinen Querkopf von Anfang an angenommen hatte und ihn so nehmen konnte, wie er war. Oskar kam 2008 im Alter von drei Jahren bei uns an; warum und wieso lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Klein, grantig, Menschen verachtend. Das Einzige, was sich in den Jahren zum Glück geändert hat, war, dass es immer Pfleger gab, die er doch mochte; die ihn tatsächlich streicheln, sogar kuscheln durften. Doch dieses Privileg gönnte er nur wenigen Menschen. Für alle anderen wurden wilde Leinenkonstruktionen gebaut, um ihn zum Gassigehen mit seiner Bärbel rausgeben zu können. Oskar wurde älter und niemand wollte sich dem kleinen Mann annehmen. So wurde er zu unserem Urgestein. Und irgendwann kam der Punkt, an dem wir beschlossen haben, ihn gar nicht mehr vermitteln zu wollen. Er war in die Jahre gekommen, litt unter diversen Wehwehchen, auch schlich sich ganz leise die Demenz ein.
Ab da wollten wir ihm einen Umzug nicht mehr zumuten. Er war den geregelten Ablauf gewohnt, seine Bärbel passte die Gassigänge an ihn an. Wenn es mal nicht ging, wurde halt nur gekuschelt. Schließlich bekam Oskar einen Buggy geschenkt, durfte an die Nordsee mitfahren und hat sogar noch eine Schlittenfahrt am Anfang des Jahres gemacht. Nun, am Ende dieses Jahres war dann seine Zeit gekommen, seine Zeit zu gehen. Sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich, trotz aller Maßnahmen, zusehends. Er wurde leise. Wir kennen Oskar als kleinen großen stolzen Terrierjungen und wollten ihm daher jegliches weitere Leid ersparen. Er durfte im Kreis seiner liebsten Menschen seinen letzten Atemzug machen. Und er darf, nach seiner Kremierung, seine letzte Ruhe im Garten seiner Bärbel finden. Jetzt ist der kleine Bettenthron leer. Und wenn wir vor seinem verwaisten Zwinger stehen, zerreißt es uns das Herz. Wenn sie gehen, ist es für uns so, als würden unsere eigenen gehen, denn irgendwie sind sie das ja auch. Lieber Oskar, auch wenn Du uns nicht alle mochtest, wir haben Dich in Deiner ganz eigenen Art immer sehr gemocht. Run free and fly high, wir werden dich vermissen…
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