So individuell wie das eines Menschen
Ist Ihr Hund wählerisch beim Umgang mit anderen Vierbeinern? Kommt Ihnen das komisch vor?
Haben Ihnen – bzw. Ihrem Hund – andere Halter das schon einmal vorgeworfen? Doppel-Ja? Dann entspannen Sie sich jetzt bitte. Die Kurzform:
Mit Ihrer Fellnase ist alles okay. Das Problem haben eher die anderen. Die, die meinen, dass jeder Hund mit jedem anderen unbedingt „können muss“. Und zwar stets und ständig.

Vorwurfsvolle Blicke
Sicherlich kennen Sie die vorwurfsvollen Blicke, ausgesendet wie brennende Blitze, gefolgt von der Unterstellung, dass wohl mit Ihrem Hund „etwas nicht stimmt“. Das soll dann heißen: schlecht erzogen, aggressiv – eben unsozialisiert. Und zu allem Überfluss schwingt in diesen Vorwürfen die nächste Unterstellung mit, dass Sie selbst als Person wohl ebenso einzuschätzen wären. Auch wenn in solchen Momenten die Wut aufschäumt, hilft nur eins: tief Luftholen und weitergehen.
Der Hintergrund solcher Übergriffe ist krasse Unkenntnis. Ein Grund mehr für Sie, sich schnell aus dem Staub zu machen, statt Rechtfertigungen hervorzubringen. Teil dieses Nichtwissens ist die vollkommen falsche Vorstellung, dass ein Hund immer lieb zu sein hat und ständig begierig darauf sein muss, endlich mit Artgenossen zu spielen – weil er doch schließlich ein Rudeltier sei.
Hunde sind mehr an Menschen gewöhnt als an andere Hunde
Jan Osterkamp, Redakteur des Magazins „Spektrum der Wissenschaft“, schreibt in einem Artikel über eine österreichische Studie zum Sozialverhalten von Hunden: „Verhaltensforscher ahnten schon lange, dass Wölfe besser zusammenarbeiten als Hunde. Das klingt für den gemeinen Hundehalter vielleicht zunächst irritierend, liegt aber in der Natur: Denn gerade typische Haushunde und ihre Vorfahren hatten in den vielen Generationen ihrer Domestikation häufig Umgang mit Menschen, aber wenig Kontakt zu Artgenossen.“* So viel zum Mythos „Kann ein Hund nicht bestens mit allen anderen, ist er nicht richtig sozialisiert“. Dieses fundierte Wissen ist ein sehr guter Grund, nun tatsächlich tief Luft zu holen und möglichst entspannt weiter zu gehen.
Spielen (erwachsene) Hunde überhaupt?
Die nächste spannende Frage: „Spielen“ (erwachsene) Hunde überhaupt? Trainer Martin Rütter weist auf seiner Website darauf hin, dass erwachsene Hunde seltener spielen, als die meisten denken. Während Welpen und Junghunde im Spiel wichtige Techniken fürs Leben erlernten, gelte für erwachse Tiere: „…sie zeigen echtes Spiel also in der Regel eher nur mit sehr vertrauten Hunden. Das kennen wir ja von uns selbst: Oder setzen Sie sich als erwachsene Menschen manchmal mit Spielkarten in den Park und sprechen Fremde an, um sie zum Mitspielen zu bewegen?“** Unser Hund soll sich also laut Ansicht etlicher Halter entgegen seiner Natur verhalten – damit er so die Vorstellungen dieser unwissenden Menschen bestätigt. Würde jedoch
Ihr Hund diesem „Befehl zum sozialen Kontakt mit absolut jedem Hund“ folgen, ginge es ihm ebenso wie uns Menschen: Er würde sich schlecht fühlen. Daher sorgen Sie für Tierwohl, wenn Sie Ihrem Hund keine Kontakte aufzwingen. Das ist noch mehr fundiertes Wissen, mit dem Sie entspannt aus dem – ungewünschten – Kontakt gehen können.
Sozialkontakte erfolgen zuerst auf Distanz
Weitere sehr interessante Informationen zum Gruppenverhalten von Vierbeinern vermittelt Fachmann Roman Huber in einem Artikel des „Schweizer Hundemagazin“: „Bei Hunden erfolgen Sozialkontakte zuerst auf Distanz über die Wahrnehmung
durch Geruch, Sicht oder Gehör, bis es zu einem Kontakt kommt. Viele Hunde gingen einem
Artgenossen aus dem Weg, wenn sie nicht vom Menschen daran gehindert würden.“***
Daher: Sie liegen mit Ihrer Haltung, nicht jeden Hund an den Ihren heranzulassen, vollkommen richtig. Und es ist ohnehin weder möglich noch sinnvoll, einem Hund die eigenenVorlieben für die Begegnung mit seinen Artgenossen abzugewöhnen und eine andere Haltung aufzuzwingen. Äußerst sinnvoll hingegen ist es, einem Hund Gehorsam beizubringen. Dann ist eine Begegnung mit Artgenossen gestaltbar und kann auch abgebrochen werden. Deshalb wenden wir den Fokus nun von Ihnen und Ihrem korrekten Handeln ab und wenden uns einigen Tipps für die Hunde- Führung zu.
Ein sicheres Abbruchkommando trainieren
Wer seinen Hund liebt, erforscht dessen Vorlieben und Abneigungen, verhält sich entsprechend – und zwingt folglich seinen Schatz zu nichts. Vor dem Besuch von Hundewiesen sollte ein sicheres Abbruchkommando trainiert werden. Ein schlecht oder gar nicht geführter Hund neigt dazu, in Hundegruppen hinein zu preschen. Die Konsequenz können schmerzhafte Erziehungs-Aktionen der anderen Vierbeiner sein – wodurch das Sozialverhalten des sanktionierten Tiers negativ beeinflusst wird.
Vielleicht kann man sogar sagen, dass das Sozialverhalten eines Hundes am stärksten von Frauchen und Herrchen geprägt wird. Übergriffige Hunde haben also übergriffige… Wer diesen Menschen fern bleibt und vielmehr seinen Liebling respektiert sowie achtsam schult, hat am ehesten einen treuen Partner an der Seite, der Konflikte zu vermeiden versteht und seiner Individualdistanz treu bleibt – genau so, dass er sich wohl fühlt.
Lassen Sie sich also nichts einreden und erfinden Sie keine Ausreden, wenn Ihr Hund sein ganz individuelles Sozialverhalten zeigt. Roman Huber: „Sozialkontakt mit einem anderen Hund macht Sinn, wenn dieser höflich und rücksichtsvoll erfolgt. Darum muss er auf Freiwilligkeit basieren. Hunde sollen nicht zum Kontakt gezwungen werden, wenn der Versuch eher zum Scheitern verurteilt ist. Wenn Hunde sich kennen, Vertrauen haben und einander wohlgesinnt sind, können Sozialkontakte wertvoll sein. Manche Hunde brauchen das aber nicht, was keineswegs bedeutet, dass sie asozial sind.“***
Weil es so wichtig ist, noch einmal: Bitte holen Sie bei Vorwürfen unwissender Hundehalter ganz einfach tief Luft – und gehen Sie entspannt weiter.
* www.spektrum.de/news/woelfe-sind-sozialer-und-kooperativer-als-hunde/1512179
** www.martinruetter.com/schwerin/news/details/artikel/top-10-hunde-irrtuemer-4/
*** www.hundemagazin.ch/sozialkontakt-%E2%88%92-ist-derhund-kein-rudeltier-2/
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