Hilfe, mein Hund ist in der Pubertät
Das Erwachsenwerden des einst so niedlichen Welpen kann unter Umständen zum wahren “Horrortrip” mutieren, weshalb wir hier versuchen wollen, zu erklären und zu helfen. Stressfrei durch die Hundepubertät – keine Hexerei.
Wann ist ein Hund in der Pubertät?
Ganz grob lässt sich erst einmal erklären, dass die gesamte Jugendentwicklung des Hundes je nach Typus und Rasse sehr unterschiedlich lange dauern kann.
Sie beginnt als grober Richtwert mit dem Zahnwechsel (ab ca. 15 Wochen) und endet oftmals eher „unbemerkt“. Für das Ende dieser Phase gibt es keine so klar erkennbaren Merkmale, bei manchen Hunden ist es bereits mit 16-18 Monaten, bei manchen erst mit 30 Monaten, oftmals bemerken Herrchen und Frauchen einfach, dass er „erwachsen“ scheint.
Die Phase unterteilt sich in die Pubertät bei Hunden und die sogenannte „Adoleszenz-Phase“. Die eigentliche Pubertät ist mit dem Erreichen der Geschlechtsreife abgeschlossen. Diese ist meist deutlich „harmloser“ im Ablauf als die sich anschließende Phase. Die Adoleszenz ist das, was der Volksmund als „Pubertät“ bezeichnet, dennoch handelt es sich neurobiologisch/entwicklungsbiologisch um unterschiedliche Dinge.
Warum hört mein Hund in der Pubertät nicht mehr?
Tatsächlich ist es nachgewiesen, dass in dieser Entwicklungsphase das Gehirn eines Hundes (und auch das eines Menschen ;–) ) eine riesige Baustelle ist. Die Bereiche des Gehirns, die für Emotionen zuständig sind, „feuern“ in Hochfrequenz, während die Bereiche für Denken und Erlerntes abrufen sozusagen „vorübergehend nicht erreichbar“ sind.
Alles, was der Alltag dem Hund anbietet, wird oft sehr überemotional gefiltert und die Reaktionen fallen dementsprechend teilweise unterwartet und heftig aus. Leider gibt es immer noch sehr viele Trainer, die nun zu mehr „Strenge“ raten und den Hund mit ihren Methoden oftmals in noch größere emotionale Not bringen.
Hier ein paar typische „Symptome“ die in der Jugendphase auftreten:
- stärker emotional und ängstlich
- „Ohren auf Durchzug gestellt“
- Hyperaktivität, Unruhe, Probleme beim Alleinsein
- Aggressivität
- schlechtere Lernleistung
- Jagdverhalten wird umfangreicher und mehr „ausprobiert“
- der Hund beginnt weiter weg zu laufen, d.h., er zeigt größere Neugier und stärkeres Erkundungsverhalten
Testet mein Hund seine Grenzen aus in der Pubertät?
Nun, man könnte natürlich die Veränderung des Verhaltens vermenschlichen und stark persönlich nehmen. Tatsächlich ist es aber klüger, unemotional zu analysieren, was im Gehirn passiert, und vor allem, warum.
Die Natur hat es so vorgesehen, dass ab dem Alter der Geschlechtsreife „ein eigenes Leben“ gegründet werden soll: Erkunden der Umwelt (sprich: sich weiter von Frauchen entfernen), finden von potentiellen Geschlechtspartnern und unabhängig werden (sprich: schlechter zuhören). Dabei ist es aber wichtig, eine gewisse Angst zu haben, um nicht in Gefahr zu geraten. Ein brisanter Cocktail an Botenstoffen im Gehirn, der menschliche und hündische Teenager zum „Pubertier“ werden lässt.
Wichtig ist mir, dass jeder versteht, dass es weder um „Testen“ der Rangordnung oder der Grenzen geht, sondern um eine ganz normale Entwicklung, welche auf keinen Fall einen persönlichen Angriff auf den Hundehalter, noch ein Streben nach der Weltherrschaft bedeutet.
Wie bringe ich meinen Hund nun stressfrei durch die „Hundepubertät“?
Wie jeder gute Erziehungsberechtigte: geduldig!
Wichtig ist eine gesunde Mischung aus Management und etwas Toleranz. Das Führen an Geschirr und Schleppleine kann zum Beispiel das in dieser Phase stark aufkeimende Jagdverhalten so kontrollieren, dass es nicht komplett eskaliert. Rückrufe funktionieren in dieser Phase schlechter – und vorübergehend konsequent anleinen kann sehr hilfreich sein, um entspannt zu bleiben.
Weniger ist mehr! Entgegen aller traditionellen Tipps, dass nun „sehr viel Unterordnung“ trainiert werden muss, rate ich dazu, den Fokus einmal zu ändern. Die Frage ist nicht „Was MUSS er können?“, sondern „Was macht er von selbst gut?”. Einfach ein paar Monate das Augenmerk auf sehr kleine, aber tolle Verhaltensansätze richten, macht eine viel bessere Stimmung zwischen Mensch und Pubertier. Hier einige Dinge, die man belohnen könnte:
- freiwillig Blickkontakt aufnehmen zum Menschen
- einen Bruchteil einer Sekunde innehalten, wenn man etwas Interessantes sieht
- sich freiwillig bremsen/zurücknehmen (und sei es noch so kurz)
Suchspiele und entspannte Spaziergänge mit nicht allzu viel stressigen Begegnungen können helfen. Denn in dieser Phase wird leider gern auch ausprobiert, ob Aggression in Stress eine Lösung sein kann. Mehr Abstand und positives Feedback vom Menschen für gute Alternativverhalten sind nun unumgänglich und sollten in Fleisch und Blut übergehen.
Versuchen Sie also, gelassen zu bleiben und einfach mal „zu flüchten“. Die Phase geht vorbei! Wenn Sie es schaffen, durch gutes Management das Erlernen der „schlechten“ Dinge zu vermeiden, wird ihr Hund am Ende dieser Phase ein ganz wunderbarer und „wieder normaler“ Alltagspartner sein.
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